By Holger Melms
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Ohne hier nachzuschlagen ist wie Essen ohne Messer und Gabel (und ohne Löffel)
Nordkapp von Osten gesehen, dahinter Knivskjellodden, der nördlichste Punkt
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Warme Sommertage in Alta

.....

Die “Stadt” Alta / Das Alta-Museum / Alta 2006
 

 

Als ich am Sonntag (6. Juli 2003- also nicht im Winter!) in Hammerfest gestartet bin, fuhr ich durch 5,2 Grad warmes Wasser. 45 Seemeilen weiter suedlich - und weiter im Inland - traf ich zum ersten Mal seit meinem Start in Molde auf Wasser, das waermer als 9 Grad war: satte 12,5 Grad. Und hier gibt es auch wieder Baeume und Rasen.

Von diesem Kapitel ist nur das Layout neu.

Jetzt erst wieder ein Lageplan, denn nicht jeder wird wissen, dass es einen Ort namens Alta gibt und wenn ja, wo er liegt.

 

 


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Die dreiteilige Stadt Alta

 

Wie man an dem vorigen Bild sieht, liegt Alta am Suedende eines weiten Fjords, der mit seinen schneebedeckten Bergen (noerdlich des Langfjords) schon wesentlich mehr hermacht als das Nordkapp.

Man kann ihn ueber drei Sunde erreichen, von denen zwei (einer davon steht mir noch bevor, den dritten, harmloseren* habe ich von Hammerfest kommend gerade hinter mir,) fuer ihre tueckischen Winde beruechtigt sind.

Allein die Wellen auf diesem Foto des zahmen Altafjords passen nicht zur Windstille des restlichen Tages.

 

 

*) Mit diesem harmlosen Sund ist der Vargsund gemeint: Wind und Navigation waren harmlos, nicht aber die Strömungen. Große, flache, fast unsichtbare Wirbel verrissen ständig den Kurs. So gut der Autopilot die Wirkung der Wellen auspendelt, so hilflos war er gegen die Wirbel. Das Boot wich bei geringer Geschwindigkeit ständig bis zu 40° nach beiden Seiten vom Kurs ab. Nach zwei Stunden war ich so geneervt, dass ich wütend etwa 10 Minuten Vollgas fuhr. Als ich das Gas zurücknahm, gab meine Warn-Pfiepe einen permanenten leisen Ton von sich und die Lade-Kontroll-Leuchte glimmte. Die Ladespannung blieb aber bei 14,3 Volt. Grübel-grübel.
 

 

"Wenn der weisse Flieder wieder blueht ..." Ob ihr's glaubt oder nicht, dies ist der erste bluehende Flieder den ich dieses Jahr sehe, auch wenn er nicht weiss sondern lila ist. Und welch herrlicher Garten!

 

 

So etwas ist nördlich von Hammerfest vollkommen unvorstellbar. Vor Begeisterung waere ich fast in den Garten gelaufen, um den Fliederbusch (in der Bildmitte) größer auf’s Bild zu bekommen. Tat ich dann gluecklicherweise nicht, denn auf dem Balkon sonnte sich ein weibliches Wesen im Bikini, wie ich erst beim Weggehen sah. War heilfroh, dass ich nicht erkæren musste, warum ich in den Garten fotographierte.
 

 

Motor Norge A/S - das für mich wichtigste Gebäude in Alta.

Auf der Suche nach einem Lichtmaschinen-Spezialisten kam ich ziemlich schnell zu diesem gleich am Kleinboot-Hafen gelegenen, super geführten Kombi-Betrieb: Auto-Händler, -Werkstatt und -Verleih, Bootszubehör und einiges mehr.

 

 

Vidar, dessen „Täglicher Leiter“ war früher mit dem Motorrad durch Europa gedüst, spricht Deutsch und fließend Englisch und erkannte neben dem Problem der Lichtmaschine auch sofort, dass so ein einsamer „28-Fuß-Nuckelphinen“-Segler (Wortschöpfung Gerd Dollenmayer) auch eine Dusche braucht.

Oder auch mal eine „kleine Unterstützung“, um das weitläufige Alta zu erkunden. (Die kleine Unterstützung steht in der Bildmitte, d.h. ein Auto zum Rumfahren.)

Als ich mich nach etlichen Messungen endlich davon überzeugt hatte, dass meine Lichtmaschine wohl doch bald ihren Geist aufgeben würde, war in 10 Minuten eine passende bestellt: für einen 23 Jahre alten Motor keine Kleinigkeit.

Eine weitere Erkenntnis der Messungen: ich habe die Lichtmaschine wahrscheinlich durch die Vollgasfahrt ohne Not (!) überfordert. Eine solche Vollgasfahrt hätte auch bei Starkwind über längere Zeit in einem vollkommen abgelegenen Gebiet notwendig werden können. Also viel Glück im (relativen) Unglück.

Angeboten werden hier auch Marine-Batterien von Varta, die nicht teurer als in Schweden und deutlich billiger als in Deutschland sind - man will es kaum glauben. (Siehe dazu “Tausch in Bodö ###”)
 

 

Mittwoch früh Null Uhr dreißig: Ich bin auf dem Weg zurück zum Hafen und blicke zurück auf die gepflegten Einfamilienhäuser, aus denen Alta zu 100% besteht. (Ich habe keinen einzigen Wohnblock angetroffen.)

In einem dieser Häuser wohnt der „Daglig leder“ (“Täglicher Leiter”, siehe oben. Ich mag diesen Begriff. In Wirklichkeit ist Vidar der Mitinhaber der Firma und nicht nur Leiter des Tagesgeschäfts.)

 

 

Nach dem Duschen haben wir zu viert (oder zu Viert? - hier ist die Leserin aus Frankfurt gefordert) auf dem Balkon gesessen, den warmen Abend genossen und zu Bier und Cognac Rentierherz gegessen. Das ist eine Spezialität der Samen. Das Herz wird etwa 20 Stunden in Salz gelegt und dann im Winter zwei Monate luftgetrocknet. Echt lecker. Auf jeden Fall deutlich besser als der steinharte absonderlich schmeckende Stockfisch der Lofoten, der uns 1997 in Svolvär angeboten wurde. *)

*) Nachtrag: Erst ein paar Tage später, in Bergsfjord, erklärte mir Herr Buck, worin der Unterschied zwischen “normalem” Stockfisch und “essbarem” Stockfisch besteht: zum Kochen bestimmter Stockfisch darf keinen Frost abbekommen, da er sonst beim Einweichen zerfällt. Zum Knabbern bestimmter Stockfisch muss Frost abbekommen.
 

 

Endlich mal eine Mitternachtssonne, die sich hinter Wolken - aber nicht hinter Bergen - versteckt und damit fotographierbar ist.

Die Zeit: 1 Uhr 20 am 9. Juli.
Ort: Alta, Blick nach Norden ueber den fast untiefenfreien Altajord.

 

Das muss mal gesagt werden: ohne meinen treuen Drahtesel wuerde die Reise nur halb so viel Spass machen.

Und hier in Alta waere ich komplett aufgeschmissen, denn der Hafen liegt weit ab von den Zentren der Drei-Orte-Stadt. (Alta ist die Zusammenfassung dreier kleiner Orte mit einem neuen, modernen Zentrum auf der "Gruenen Wiese".)

 

Alta - eine liebliche Wohnstadt im Gruenen. Allerdings so weitlæufig, dass ich meinen soeben gelobten Drahtesel sehr gerne gegen ein Gefæhrt ausgetauscht habe, dass die Kræfte seines Fahrers schont.

Wie schon an anderer Stelle gesagt: jeder hat in Alta sein eigenes Haus mit Garten.

 

Das moderne Zentrum von Alta.

 

Sommer- und Ferienstimmung im Zentrum von Alta.

 

Knueppeldamm zwischen PVC-Rohren? Fast.

Dies ist ein zuvor noch nirgends gesehener Behinderten-gerechter Weg zum Schwimmsteg. Die schwimmenden Bootsanleger sind bei einem Tidenhub von bis zu 3 Metern sonst nur ueber eine oft steile Gangway zu erreichen, an deren Beginn und Ende fast immer eine grosse Stufe entsteht.

Dieser Zugang verbiegt sich "einfach" und bleibt so bei jedem Wasserstand ohne Probleme befahrbar.

 

 


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Das empfehlenswerte Alta-Museum

 

Die Seewege verkümmern, die Landwege werden auch in Norwegen immer wichtiger. Lässt sich so etwas aus diesem Foto erkennen?

 

 

Nun ja, man muss dazu wissen, dass 100 m entfernt die Lebensader Norwegens, die Europa-Strasse Nummer 6, vorbeiführt. Und dass an keinem Ort, der nicht von den wichtigen Landwegen erreicht wird, eine solche locker-flockige Café-Terasse zu finden ist. Sie gehört zu dem beachtlichen Alta-Museum, dass durch die Felszeichnungen in seinem „Garten“ berühmt wurde. Hier halten - in meinen Augen ausnahmsweise mal zu Recht - fast alle Touristen-Busse. Der Blick über den seenartigen Altafjord nach Norden ist ebenso lohnenswert.
 

 

Im Hintergrund das geschmackvolle Hauptgebäude des Alta-Museums, im Vordergrund ein Trupp italienischer Touristen, der sich die Bedeutung der Felszeichnungen erklären lässt.

Durch den „Garten“ des Museums führt ein über zwei Kilometer langer, gepflegter Knüppeldamm an den Felszeichnungen vorbei.

 

Und das sind sie: Fels-„Einritzungen“, die bis zu 6000 Jahre alt sein sollen. (Die braunrote Farbe stammt von den Museums-Wissenschaftlern und dient der besseren Erkennung.)

 

 

Wie man auf dieses Alter kommt, ist mir nicht klar geworden und in den Deutungsversuchen steckt mir zuviel Mystik. Die meisten Zeichnungen befinden sich auf Felsen, die etwa 15 bis 30 Grad geneigt sind, und wirken auf mich, als hätte man sie im Liegen geritzt.

Und die chaotische Anordnung der Figuren (auf diesem Foto sieht man einen für Besucher präparierten, übersichtlichen Bereich) wirkt auf mich so, als hätte jeder aus Langeweile mal ein bißchen mitgeritzt, etwa so, wie die wochenlang auf passenden Wind wartenden Seeleute in Skutholmen/Hamnholmen (Bohuslän / Westschwedische Schären).

Aber mir fehlt wohl der Sinn für das Übernatürliche in der Vorstellungswelt von Menschen, die vor 6000 Jahren gelebt haben. Bei aller Respektlosigkeit gegenüber der Mystik: ein herrlicher Nachmittag.

 

 

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07.11.2008

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